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Geräuschallergie

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Geräuschallergie

Um mich herum haben dreiviertel aller großen und kleinen Leute irgendwelche Unverträglichkeiten oder Allergien. Fast stolz erzählen 45jährige von der plötzlich auftretenden Fruktoseintoleranz und der Bauer, der seit 50 Jahren auf den Dorf wohnt, hat auf einmal eine Katzenhaarallergie. Eine befreundete Familie mit zwei Kinder bringt es insgesamt auf über 30 Unverträglichkeiten. Entspannt gemeinsam essen ist da nicht mehr.

Ich habe nichts. Kann alles essen und jedes Tier streicheln. Fast neidisch blicke ich am Tisch auf Extradöschen und Ersatzstoffe und lausche Geschichten über anschwellende Hälse und schreckliche Hautauschläge. Dann fällt es mir ein: ich habe auch eine Unverträglichkeit vorzuweisen, ich habe eine Geräuschallergie!

Das Klackern des Blinkers ist mir zu laut. Wenn ich an einer Ampel stehe, blinke ich erst kurz vor dem Losfahren und ziehe (zu Recht) den Zorn der anderen Autofahrer auf mich.  Fön, Mixer, Schleudergang – alle üblichen Haushaltgeräte quälen mich (der Staubsauger geht komischerweise).Wenn man ein Geheimnis aus mir herausholen wollte, reichen 30 Minuten Privatradio in nicht einmal übermäßiger Laustärke. Diese schreiende Pseudofröhlichkeit mit dummer Werbung und nertötender Musik kocht mich weich.Ich möchte mich nicht anschreien lassen, weder von Radiotrailern, noch von Fernsehwerbung und schon gar nicht von meinem Chef.

Ich mag Musik, gern auch laut. Sie darf mir aber nicht aufgezwungen werden, dann funktioniert auch meine Lieblingsmucke nicht mehr. Früh um sieben auf der Straße geht kein Punk oder kein Schmalzpop – beides macht mich aggressiv. Mein Gatte liebt Sprechsender wie den Deutschlandfunk und schaltet sie nur ein, wenn ich nicht im Haus bin. Ich höre durch zwei geschlossene Türen die Stimmen. Höchstqual: die Bundesligaschlusskonferenz im Radio: Schreien, Jubel, lautes schnelles Sprechen, ins Wort fallen, Schreien.

Motorräder, Ampelschnellstarter und ganz besonders diese getunten Kisten erschrecken mich immer wieder.Wie kann man im Auto so laute (und meistens auch so blöde) Musik hören, dass es sogar im nebenstehende Autos vibriert? Und hier hätten wir schon die Formel: laut= meist auch blöd. Dies gilt für Worte, Musik und Maschinen.

Kindergetobe mit Rennen und Hüpfen und Quitschen ertrage ich tagesformabhängig. Nie gewöhnen werde ich mich an pubertierend Mädchenrunden, deren Kommunikation auschließlich aus Kichern, Kreischen, Gickern und Prusten besteht.Wenn meine Jungs in ihrer Youtube-/Gamersprache sprechen, reden sie schnell und laut und irgendwie rhytmisch. Gehört zum Habitus und nervt mich trotzdem. Manchmal meckere ich sogar, wenn meine Tochter singt.Sie singt sehr gut. Allerdings muß man wissen, dass sie sehr lange singt und dazu auch tanzt.

Ich höre, wie die Kinder sich im Schlaf umdrehen, obwohl ich mit Ohrenstöpseln schlafe. Was meint ihr, diese Symptome können es doch mindesten mit einer Histaminintelorenz aufnehmen, oder? Trotzdem habe ich nie über eine Desensibilisierung oder Ersatzstoffe nachgedacht. Ich bin vielleicht überempfindlich, das ist aber gut so. Denn laut=meist auch blöd.

Ganz leise grüßt

Neja

Die Ruhe ist die natürliche Stimmung eines wohlgeregelten, mit sich einigen Herzens.

Wilhelm von Humboldt

Zuviel Kinderei

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Zuviel Kinderei

Feiertage – Zeit, Daueressen, zuviel Medien glotzen und die ständige Präzens aller Familienmitglieder. Hab ich mir zwar gewünscht, nun war es mir doch zuviel. Der Mann schlug einen Spaziergang im Dunkeln vor. Die Kinder nahmen den Hund und Taschenlampen mit. Gut gedacht, dachte ich. Die ersten 10 min konnte ich das Draußensein genießen, dann begann die natürliche Abfolge variabler kleinen Katastrophen, die immer (wirklich immer!) eintreten, wenn alle fünf Familienmitglieder zusammen sind. Diesmal stolperten die Eltern in die Kinderfersen, diese verfingen sich in der Hundeleine und zerbrüllten zartes Entengequake. Zu allem Überfluss begann der Nachwuchs in Erwartung des versprochenen Kinobesuches mit den Taschenlampen Lichtschwertkämpfe auszutragen und blendeten dabei oft unsere Augen. Mir wurde schnell schwindlig und der Ärger wuchs wie die Lautstärke der Kinder. Ich kehrte alleine um und genoß die 10 Minuten Rückweg; machte gar noch einen Umweg, um das Gefühl von Dunkelheit und Ruhe auszukosten. Allein im absolut stillen Haus, mit der Wärme des Kachelofens, dem Restduft des Mittagessens und dem Glitzen des Geschenkpapiers, vermisste ich sie schon wieder.

Ich kann nicht mit und nicht ohne sie.

 

Gib den Füßen Ruhe, aber auch dem Herzen.

Aus Nigeria