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In der Klamottenhölle oder selber schuld

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In der Klamottenhölle oder selber schuld

Ich war da. Zum ersten und zum letzten Mal. Ich war im geschmähtesten, verhasstesten, ausbeuteristischsten (ich weiß, die Steigerung gibt es nicht – finde ich aber hier angemessen) Billigklamottenladen überhaupt. PRIMARK. Das lag zum einem daran, aber auch an meiner Neugier. Ehrlich gesagt, wir waren in der Stadt und ich wollte das einfach mal sehen. Ich nahm mir zwei Alibi-Interessentinnen (12, 13, w) mit, die wirklich Spaß hatten und die Expedition als „schönsten Tag, seit sie denken können“ bezeichneten. Die Komponenten des Grauens kamen zusammen: Samstagnachmittag+3. Advent+Berlin – aber selber schuld. Wer nicht auf andere hören kann, muss wortwörtlich fühlen.

Im Laden waren nur unwesentlich weniger Kleidungsstücke als potientielle Käufer existent. Es wurde geschoben, getastet, gerochen, gerieben (an Kleidung wie an Menschen). Es gibt dort nicht nur Einkaufstaschen (die auch schon recht groß sind), sondern gleich ganze Trolleys, in denen der Fummel kiloweise hineingeworfen wird. Die Kassenschlangen sind dreireihig. Ich sah einen Mitarbeiter, der nur den Job hatte, sich hinter den jeweils letzten Wartenden anzustellen und ein Schild hochzuhalten, auf dem „Zu den Kassen“ stand. Die Musik kann man nicht beschreiben; es war immer die selbe Tonfolge, ziemlich schnell und wahrscheinlich euphorisierend wirkend (sollend). Ich stand eine Weile im Eingangsbereich und erlebte mehrfach die Szene, wie Familie frohgemut das Portal überquerten, die Väter und Männer angesichts des Gewühles schockgefroren stehenblieben und folgende Verabredungen trafen:

„Oh Schatz, das kannste mir nicht antun.“

„Nee, nee, keine zehn Pferde kriegen mich hier rein.“

„Alter, ich gloobs nich. Ne und tschüss.“

„Nee, ohne mich – in einer Stunde am Bierstand.“

„Mach diesmal keene Szene.“ (zur pubertierenden Tochter)

Alles in allem, eine Mischung aus KIK  und IKEA mit einem großen Weihnachtsmarkt vor der Tür. Damit wenigstens der Benzinverbrauch etwas gerechtfertigt wurde, habe ich mir einen Schal und Socken gekauft. Übrigens, meine Namensbedeutung: Neja = Synonym für doofe Sachen schönreden.

Mit abgeschreckten und schamvollen Grüßen

Neja

*So verwackelt wie das Foto aussieht, fühlte ich mich da drinnen.

Neben der edlen Kunst, Dinge zu verrichten, gibt es die edle Kunst, Dinge unverrichtet zu lassen.

Lin Yu-Tang