Archiv der Kategorie: Kinder

Das große Feuer- Vom Loslassen

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Das große Feuer- Vom Loslassen

Ich habe seit einigen Monaten so ein Gefühl mein Leben ordnen und meine Vergangenheit sortieren zu müssen. Dabei bin ich noch lange nicht 50. Liegt es daran, dass seit einem Jahr alles so ziemlich in geordneten Bahnen verläuft und wahrscheinlich auch so bleiben wird? Weil Ruhe einkehrt und ich keine Existenzangst mehr habe? Nach der Pawlowschen Bedürfnispyramide bin ich in kurzer Zeit ein paar Stufen nach oben geklettert. Wieso denke ich schon dran, Zeug für meine „Enkel“ zu sichern – meine Kinder sind 14! Ist das diese Midlifecrisis?

Da ich manische Sammlerin von Erinnerungen bin, finden sich im Keller dutzende Kisten mit Kram. Der Kram besteht hauptsächlich aus Karten, Papieren, Kalender, Briefen, Eintrittskarten und kleinem Schnickschnack wie Anstecker etc.  Natürlich gibt es auch noch etwas Kleidung oder Spielzeug von mir. Da ich jetzt beginne, Lieblingskleidung und Spielzeug meiner Kinder auszulagern, wird der Platz knapp. Fakt ist, etwas muss was weg – und am besten viel. Es schmerzt mich aber immer, diese Kisten zu öffnen und durchzuschauen. Dabei hatte ich eine wirklich schöne Kindheit/Jugend und auch danach sind mir nicht die ganz schlimmen Sachen passiert. Natürlich hat mich das Leben ab und zu gebeutelt, aber davon befindet sich wenig in den Kisten.

Die Vergangenheit zu bewerten und dann in die Kiste oder in die Tonne wegzuordnen,   ist ein emotionaler Kraftakt für mich. Ich tue mich schwer. Leicht entschieden ist bei Post, deren Absender mir nichts mehr sagt. Einladungen von alten Arbeitgebern, Fotos von Kindern der Großfamilie, die ich nicht kenne – weg.

Aber Independentzeitschriften, die schon eingestellt sind? Kalender, die mein Studentenleben präzise nachzeichnen? Meine liebsten Kinderbücher, die meinen Kindern nichts mehr sagen? Sagen sie mir noch was, außer dass ich mich während des Lesens wohlgefühlt habe, weil ich am Ofen saß und meine Oma grade buk? Warum zieht es im Herzen, wenn es doch so schön war? Erinnern ist schön und schwer. Jedes betrachtete Stück wird emotional gewogen und wandert dann doch oft zurück, um bis zum nächsten Durchlauf zu schlummern.

Da ich aber um die befreiende Wirkung des Loslassens weiß und diese auch suche, wird es im Frühling ein Feuer für das Aussortierte geben. Der Kram hat nur immateriellen Wert und nützt anderen nichts (solche Sachen gebe ich schnell und großzügig weiter). Ich werde eine Tasse zerschmettern, ins Feuer starren und mich an der Gegenwart freuen.

Etwas rührselig grüßt Neja

 

Die Erinnerung ist ein oft geflickter Maschendrahtzaun.“                          Brigitte Fuchs

Silbernetz

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Silbernetz

Meine Kinder gestalten ein Geburtstagsgeschenk für ihren Opa. Sie haben das Glück, mit zwei Großeltern aufzuwachsen und auch noch ihre Urgroßeltern einige Jahre erlebt zu haben. Die ersten Lebensjahre wohnten wir zu weit weg. Das Besuchen fiel beiden Seiten schwer. Mir, weil Reisen mit drei Kleinkindern einfach nicht schön ist und meinen Eltern, weil die weite Fahrt und der Aufenthalt in einer fremden Wohnung mit anderen Abläufen sie anstrengte. Vor 8 Jahren zogen wir in die Nähe meiner Familie und sehen uns seitdem mindestens einmal die Woche. Die Kinder lieben ihre Großeltern vorbehaltlos. Sie telefonieren und chatten mit ihnen und erzählen ihnen manchmal mehr als uns. Schenkten sie anfangs noch Bilder und Basteleien, wird es jetzt richtig praktisch mit Gutscheinen fürs Umgraben und Putzen. Regelmäßig übernachtet ein Kind dort und dies ist für beide Seiten die Chance, sich  intensiv miteinander zu beschäftigten, was sonst in der Dreierkonstellation unterginge. Opa und Opa lernen etwas über Minecraft und meine Söhne verwenden plötzlich Wörter wie „Spitzbube“ oder „Stelldichein“. Die Kinder bekommen den Alterungsprozess der beiden mit und machen sich Gedanken und Sorgen, wie es ihnen in den nächsten Jahren gehen wird. Ich bin sehr dankbar für diese enge Bindung und meine Großfamilie.

Viele ältere Menschen haben viel seltener oder gar keinen Kontakt zu ihren Kindern oder Enkeln. Sie leben vereinsamt und isoliert in ihren Wohnungen und haben maximal Kontakt zu Pflege- und Versorgungsdiensten. Wenn dann auch noch die Mobilität eingeschränkt ist, fällt auch die Möglichkeit zum Rentnertratsch im Seniorentreff weg. Wo das Dorf oder die Kleinstadt vielleicht ältere Menschen in dieser Situation noch eher auffängt und in dörfliche Abläufe einbindet, sind allein lebende Senioren in der Großstadt anonym und nicht sichtbar. Je länger Menschen allein leben, desto schwerer fällt es ihnen, an Angeboten teilzunehmen oder einen Hilfebedarf zu formulieren. In Berlin gibt es den Verein „Silbernetz“ , der sich dieser Problematik annimmt. Ganz niedrigschwellig bietet der Verein durch Ehrenamtliche einen Telefonkontakt für ein persönliches und trotzdem anonymes Gespräch.

„Das Hilfetelefon gegen Einsamkeit im Alter in einem ersten Testlauf geschaltet. Tag und Nacht, rund um die Uhr. Unter der kostenfreien Rufnummer 0800 4 70 80 90 können ältere vereinsamte und isoliert lebende Menschen aus Berlin (Vorwahl 030) zum ersten Mal in dieser dunkelsten Zeit des Jahres bei Silbernetz anrufen, reden und erzählen, ihren Tag und ihre Sorgen teilen. „

Weiterhin gibt es es einen Freundschaftsdienst, bei dem einmal wöchentlich ältere Menschen für eine Stunde angerufen werden. Natürlich nur auf Wunsch. So entfällt die Schwierigkeit, selbst anrufen zu müssen.

Der Verein freut sich über Spenden für Headsets und die Anrufkoordination.

www. silbernetz.org

Schöne Feiertage wünscht euch Neja

Strassenkreide Glückwunsch Großvater

 

Die Rosenkohl-Bier-Diät

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Die Rosenkohl-Bier-Diät

Tut mir leid, lieber Leser. Hier geht es nicht um Diäten und schon gar nicht um Rosenkohl und Bier.

Nachdem ich feststellte, dass mein Beitrag „Die Käse-Sherry Diät“ fast die meisten Aufrufe überhaupt hatte, obwohl es auch in ihm nicht um eine konkrete Diät ging, versuche ich noch mal mein Glück mit einer aberwitzigen Lebensmittelkombination und dem Suffix Diät.

Wenn du bis hierher gelesen hast und nicht wütend meinen Blog verlassen hast, kann ich dir sagen, dass es doch ein wenig um Essen geht. Ich möchte über unsere Ernährung nachdenke, mit der ich überhaupt nicht zufrieden bin. Seit Jahren probiere ich aus, feile an Zeitplänen, kaufe immer wieder Kochbücher mit den Reizwörtern „Blitz“ „schnell“  „nur 20 min“ und stelle fest, dass auch dieser Bereich wieder mal auf meine geliebte Alltagserklärungsformel „Zeit oder Geld“ hinausläuft.

Der Reihe nach: die Kinder frühstücken jeden Morgen Toast. Früher haben wir nur Müsli geschafft und ich hatte den ganzen Tag ein schlechtes Gewissen, aber noch zeitiger wollte ich die Kinder nicht wecken, sie sind sowieso unter der Woche ganztags k.o. Nachdem wir unsere Morgenabläufe aber nochmal optimiert haben und die Kinder größér und schneller geworden sind,  schaffen wir auch toasten, schmieren und beißen. Die Tochter isst jeden Mittag wirklich um die Mittagszeit, die Söhne an drei Tagen leider erst um 14.30 Uhr. Das ist nicht gut, aber nicht zu ändern. An zwei Tagen haben sie kein Mittagessen, da wir eine halbe Stunde nach Schulschluß einen Anschlußtermin habe. Hier muss ich immer improvisieren und habe noch keine gute Lösung gefunden. Gekauften warmen Mittagstisch gibt es nur bis 14 Uhr (schaffen wir nicht); Bäckerteilchen sind einmal lecker, aber beim zehnten Mal ecklig-süß; Fastfoodessen ist zwar immer verfügbar, aber auf Dauer ungesund; die Bratwurst vom Stand bringt es auch nicht so und die zusammengekauften Snacks erst recht nicht. Ich kann vorher nichts besorgen, da ich direkt von der Arbeit komme und ich bin keine Mutter, die am Abend  etwas vorkocht und dann in Tupperdöschen auf der Rücksitzbank des Autos serviert. (Manchmal würde ich gern so eine Superduper-Mutter sein und irgendein Vollkorn-Rohkost-Dings so zubereiten, dass meine Kinder es auch essen). Problem hier also: keine ZEIT. Wenn ich weniger arbeiten würde und diese ausgewogenen Supersnacks vorbereiten könnte: kein weniger GELD.

Wenn wir täglich gegen 17 Uhr zuhause sind, sind alle so geschafft und unterzuckert, dass irgendwas Kleines (Banane, Milchschnitte, Butterbrot) – ja, ich gestehe, auch nicht zusammen am Tisch- verschlungen wird. Eigentlich ist es dann schon Zeit, über das Abendessen nachzudenken. Allerdings gibt es aber da noch diverse andere Aufgaben wie Tiere versorgen, Haushalt, Hausaufgaben, Kinderbedürfnisse, Mutterbedürfnisse, die sich dazwischen schieben. Und so wird es meist 19 Uhr, wenn der Erste panisch fragt: „Müssten wir nicht langsam mal abendessen?“ Meist gibt es  „Stulle mit Brot“, also Vollkornbrot (immerhin) mit Käse, Wurst, Aufstrichen, Salat …  Fertiggerichte gibt es bei uns nicht. Selten(ZEIT) koche ich einfache Sachen wie Nudeln, Kartoffeln und manchmal „kochen“ die Kinder  – hier schwanke ich noch zwischen völligem Verbot oder Resignation.

Wie bewundere ich Bloggerinnen, die das Essen für die Woche planen und dann auch wirklich kochen! Wann machen die das? Essen die um 22 Uhr? Wann kaufen die ein? Wer beschäftigt sich in der Zeit mit den Kindern?  Und es sind auch nicht nur die einfachsten Zutaten und Zubereitungsweisen in den Essensplanbeispielen. Wann fotografieren sie das Ganze und wann dekorieren sie den Tisch? Wann machen sie die Wäsche oder schreiben ihre Blogs? Sehr unheimlich. Mein Traum wäre, unser Abendessen regelmäßig beim Biobistro zu holen. Aber dafür – ihr ahnt es – fehlt das GELD.

Am Wochenende frühstücken wir für unsere Verhältnisse spät und ausgiebig. Es gibt ein einfaches Mittagessen und meistens hat der Gatte Lust, sich zum Abend eine Stunde in der Küche einzusperren und was richtig Gutes zu machen. Eigentlich will er ja nur in Ruhe die Fußball Bundesliga hören, ohne von mir mit weiteren Arbeitsaufträgen belästigt zu werden, aber wenn ein gutes Essen der Nebeneffekt ist, soll er gerne. Allerdings meint er es mit seinen Gerichten zu gut – schwer, fett und nicht ausgewogen. Wir hauen aber alle rein, da wir uns unter der Woche so einseitig ernähren. Am Wochenende gibt es auch viel Kaffee und Alkohol. Sonntags sieht es ab Nachmittag schon wieder anders aus, da bricht die legendäre Koppsche Sonntagspanik aus, von der noch zu berichten sein wird.

Ihr merkt, es ist nicht ideal und ich bin nicht grundlos unzufrieden. Wie kann ich unser Essverhalten verbessern? Wie kann ich Zeit sparen, um gut und gesund zu kochen? Aber eigentlich geht es hier nicht um möglichst schnelle Rezepte und die noch bessere Tagesorganisation. Ich glaube, ich bin sehr gut organisiert. Es geht darum, dass ich es mit drei Kinder und Job nicht hinbekommen, ZEIT für eine gesunde Ernährung aufzubringen.

Jetzt habe ich noch gar nicht über mein eigenes katastrophales Essverhalten geschrieben, auch das wird nachzuholen sein. Seid auf irrwitzige Überschriften gespannt.

Satt und gerade zufrieden grüßt Neja

Zwischen Essen und Ernähren können Welten liegen.

Sprichwort

Die mysteriösen „man“

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Die mysteriösen „man“

Das macht man nicht! Man macht doch …. ! Was sollen die Leute denken?  Man (beliebiges Verb) das (beliebiges Adjektiv)…

Phrasen wie Peitschen. Kennt ihr das? Schon in meiner Kindheit reagierte ich allergisch auf das Wörtchen „man“ und fragte mich damals pubertär-aufsässig, heute ernsthaft:  Wo steht das, wer sagt das, warum soll ich das machen? Bekomme ich mal einen von den „man“ zu Gesicht? Ist das ein Mann oder eine Frau oder treten die nur als Gruppe auf? Können die reden oder nur ausführen?

Was passiert, wenn „man“(also in dem Fall ich) sich nicht so verhält, wie „man“ es soll? Werde ich sofort vom Blitz getroffen oder riskiere ich den Dorffluch? Schon immer habe ich in dieser Hinsicht gern provoziert – habe dem Besuch nicht die Hand gegeben, obwohl „man“ es so macht, habe keinen Tortenheber, obwohl „man“ einen hat, habe die Kinder nicht auf der örtlichen Schule eingeschult, obwohl „man“ das hier so macht (eigentliche Aussage: wir sind hier nicht in der Großstadt und ihr seid nichts Besseres). Dieses „man“ macht es so einfach, sich zu verstecken, nicht die eigentliche Meinung zu sagen bzw. überhaupt mit dem Denken zu beginnen.

Egal, ob es sich um kleine Alltagsdinge wie den Tortenheber oder wichtige Lebensentscheidungen handelt: wenn die Wörter „man macht…“  fallen, denke ich erstmal an das Gegenteil. Klar nehme ich auch Sachen an: wenn ich mich nach einem Obstbaumschnitt erkundige und der Bauer erklärt mir, dass man lieber soundso …, werde ich nicht das Gegenteil tun.

Was mich stört, ist dieses nicht hinterfragte und enggeistige Überstülpen von Konventionen, Rollen, Abläufen. Ich will nicht Teil der schafartige Masse „man“ ohne Meinung und Ideen sein. Ich bin ich, ich denke, hinterfrage und treffe natürlich auch Fehlentscheidungen. Aber es sind meine Entscheidungen und nicht die einer anonymen Gruppe, die mir ihre Aussagen nicht begründen kann. Die Torte kann ich genauso gut mit einem breiten Messer heben. Abgesehen davon backe ich keine Torte. Das kann damit zu tun haben, dass ich in meiner Kindheit überproportional häufig hörte:“Du musst dich doch dafür interessieren. Als Mutter muss man doch Kuchen und Torte backen können.“ Muss man nicht.

Ich bin in sehr engen Grenzen mutig, aber hier ist es mir wichtig, meinen Kinder zu zeigen, dass es die furchteinflössenden „man“ nicht gibt. Es ist egal was „die Leute“ (das sind die Nachbarn von „man“) sagen – wichtig ist, dass jeder seine eigenen Entscheidungen trifft und bestenfalls damit zufrieden ist.

Ganz emanzipiert grüßt heute

Neja

Konvention heißt Übereinkommen in Worten und Handlungen ohne Übereinkommen des Gefühls.

Nietzsche

 

Geräuschallergie

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Geräuschallergie

Um mich herum haben dreiviertel aller großen und kleinen Leute irgendwelche Unverträglichkeiten oder Allergien. Fast stolz erzählen 45jährige von der plötzlich auftretenden Fruktoseintoleranz und der Bauer, der seit 50 Jahren auf den Dorf wohnt, hat auf einmal eine Katzenhaarallergie. Eine befreundete Familie mit zwei Kinder bringt es insgesamt auf über 30 Unverträglichkeiten. Entspannt gemeinsam essen ist da nicht mehr.

Ich habe nichts. Kann alles essen und jedes Tier streicheln. Fast neidisch blicke ich am Tisch auf Extradöschen und Ersatzstoffe und lausche Geschichten über anschwellende Hälse und schreckliche Hautauschläge. Dann fällt es mir ein: ich habe auch eine Unverträglichkeit vorzuweisen, ich habe eine Geräuschallergie!

Das Klackern des Blinkers ist mir zu laut. Wenn ich an einer Ampel stehe, blinke ich erst kurz vor dem Losfahren und ziehe (zu Recht) den Zorn der anderen Autofahrer auf mich.  Fön, Mixer, Schleudergang – alle üblichen Haushaltgeräte quälen mich (der Staubsauger geht komischerweise).Wenn man ein Geheimnis aus mir herausholen wollte, reichen 30 Minuten Privatradio in nicht einmal übermäßiger Laustärke. Diese schreiende Pseudofröhlichkeit mit dummer Werbung und nertötender Musik kocht mich weich.Ich möchte mich nicht anschreien lassen, weder von Radiotrailern, noch von Fernsehwerbung und schon gar nicht von meinem Chef.

Ich mag Musik, gern auch laut. Sie darf mir aber nicht aufgezwungen werden, dann funktioniert auch meine Lieblingsmucke nicht mehr. Früh um sieben auf der Straße geht kein Punk oder kein Schmalzpop – beides macht mich aggressiv. Mein Gatte liebt Sprechsender wie den Deutschlandfunk und schaltet sie nur ein, wenn ich nicht im Haus bin. Ich höre durch zwei geschlossene Türen die Stimmen. Höchstqual: die Bundesligaschlusskonferenz im Radio: Schreien, Jubel, lautes schnelles Sprechen, ins Wort fallen, Schreien.

Motorräder, Ampelschnellstarter und ganz besonders diese getunten Kisten erschrecken mich immer wieder.Wie kann man im Auto so laute (und meistens auch so blöde) Musik hören, dass es sogar im nebenstehende Autos vibriert? Und hier hätten wir schon die Formel: laut= meist auch blöd. Dies gilt für Worte, Musik und Maschinen.

Kindergetobe mit Rennen und Hüpfen und Quitschen ertrage ich tagesformabhängig. Nie gewöhnen werde ich mich an pubertierend Mädchenrunden, deren Kommunikation auschließlich aus Kichern, Kreischen, Gickern und Prusten besteht.Wenn meine Jungs in ihrer Youtube-/Gamersprache sprechen, reden sie schnell und laut und irgendwie rhytmisch. Gehört zum Habitus und nervt mich trotzdem. Manchmal meckere ich sogar, wenn meine Tochter singt.Sie singt sehr gut. Allerdings muß man wissen, dass sie sehr lange singt und dazu auch tanzt.

Ich höre, wie die Kinder sich im Schlaf umdrehen, obwohl ich mit Ohrenstöpseln schlafe. Was meint ihr, diese Symptome können es doch mindesten mit einer Histaminintelorenz aufnehmen, oder? Trotzdem habe ich nie über eine Desensibilisierung oder Ersatzstoffe nachgedacht. Ich bin vielleicht überempfindlich, das ist aber gut so. Denn laut=meist auch blöd.

Ganz leise grüßt

Neja

Die Ruhe ist die natürliche Stimmung eines wohlgeregelten, mit sich einigen Herzens.

Wilhelm von Humboldt

Ich geh als Coladose

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Ich geh als Coladose

Angesichts der anbrechenden Faschingszeit folgende Anekdote des letzten Jahres:

Aufgrund seines fortgeschrittenden Alters und des damit einhergehenden Coolnessfaktors, beschloss Sohn 1: „Ich geh als Coladose.“. Mein guter Mann, der die Söhne auf Spontanquatsch sozialisiert hatte, zuckte nicht und fertigte am Abend dieses unten zu sehende 1A-Verkleidung. Fußbodenbelag, eine ruhige Hand und Farbdosen waren vonnöten.

Man mag das Produkt, den Hersteller und das Herkunftsland nicht gut finden (mir wurde letzteres noch als „imperialistischer Aggresor“ indoktriniert) -das Kostüm war der Knaller. Der Zylinder mit den zwei Armlöchern ließ die üblichen Klonkrieger und Stormtropper blass ausssehen. Der Sohn bekam den Publikumspreis und vergaß, dass er sich in dem unförmigen Teil nur schwer bewegen, nicht sitzen und an keinen Spielen teilnehmen konnte.

Dieses Jahr wird es wohl ein Minecraftklotz werden (hat jemand Schaumstoff?), die Söhne spielen manisch und reden nur noch in gamersprech:“Ich komme essen, ich habe nur noch drei Hungerkeulen.“ Soll was heißen, dass das Kind ziemlich hungrig ist, denn der optimale Minecraftsättigungsgrad ist ab neun „Hungerkeulen“ (wie die Dinger richtig heißen, wissen auch die Kids nicht) erreicht.

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Helau

Neja

*Im Hause Kaleidoskopp gibt es natürlich äußerst selten Cola.

** Zählt das als DIY-Beitrag? Ich wollte doch nicht…

„Dem Fröhlichen gehört die Welt, die Sonne und das Himmelszelt.“

Theodor Fontane

Die Abrechnung – Januar

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Die Abrechnung – Januar

So, jetzt ist es soweit. Ich muss der Welt meine desaströse Finanzlage offenbaren und meine monatlichen Ausgaben erklären. Dabei zählen nur Barausgaben und Ausgaben mit der EC-Karte, sonst wird es zu verwirrend.

Ich werde für mich jeweils entscheiden, ob die Ausgabe notwendig oder überflüssig war. Wobei, wo sind da die Grenzen? Wo ziehe ICH die Grenzen? Notwendig sind eigentlich nur Wasser und Brot. Wo geht mein persönlicher Luxus los? Wieviel kann ich mir verbieten, ohne die Lebensfreude zu mindern? Sich alles, alles zu verkneifen, ist doch auch nicht das Wahre. Ich merke schon, dass wird nicht angenehm.

11,69 Bäcker ?? (Hier ne Brezel und da ein Brötchen, könnte man reduzieren, allerdings find ich das für drei Kinder und 4 Wochen okay.)

8,00 Lotto LUXUS

89,42 Lebensmittel ?? (Oje, ein großer Posten. Dabei ist das nur das Nachkaufen zum Wochenendeinkauf: Brot, Getränke, Obst und Gemüse….) Allerdings beim genauen Hinschauen öfter auch mal Käse, Jogurt, eine Zeitschrift, Chips für die Kinder- soll ich das unterlassen?

5,00 Lebensmittel LUXUS (Das ist die Lidl Pasta.)

34,45 Mittagessen für mich LUXUS (Ich könnte auf der Arbeit meine Brote rausholen…, will ich aber auch nicht immer. Etwas Sparpotiental ist hier drin.)

22,00 Abendessen NÖTIG (Teambildende Maßnahme)

49,23 Mittagessen für die Kinder ?? (davon 12,00 NÖTIG) Die Kinder essen aus Zeitgründen an zwei Tagen kein Schulessen, haben aber trotzdem einen langen Tag – würde es hier ein Brot tun? Ich glaube nicht.) Wobei, im Januar haben wir mit dem warmen Essen übertrieben.

29,00 Fahrkarten ich NÖTIG

57,00 Friseur LUXUS (Andererseits muss ich auch im Job etwas gepflegt aussehen.)

16,50 Schulkram NÖTIG (Billiger gehts immer, aber Zeit…)

21,92 Drogerie (Billiger gehts immer, aber Zeit…)

44,11 Tierbedarf (u.a. Katzenklo) Braucht eine Katze zwei Klos?

19,80 Kontaktlinsen ?? (Kann natürlich auch mit ner Brille rumlaufen, will ich aber nicht. Siehe Friseur.)

30,00 Kettenreparatur  ?? (Die Ketten lagen zwei Jahre bei mir herum, allein bekommt man das nicht hin. Hätte sie auch wegwerfen können, sind aber lange Begleiter.)

3,60 Parkgebühren ?? (Kann natürlich ewig nach einem nicht gebührenpflichtigen Parkplatz suchen, aber Zeit…)

7,50 Bücher LUXUS

4,55 Kaffee LUXUS

85,10 Tanken NÖTIG

14,9 Haushaltswaren (Billiger gehts immer, aber Zeit…)

50,11 Apotheke NÖTIG

10,75 Briefmarken NÖTIG

38,50 Archivkiste LUXUS

2,30 Blumen LUXUS

15,00 Tastatur (nicht akut nötig, bevor aber die Laptoptasten bei den Kinder kaputtgehen, ist das vorbeugend gedacht.)

31, 00 (Schmuck Kind und ich) LUXUS

So, insgesamt habe ich im Januar ungefähr 700€ ausgegeben, davon 130€ eindeutig nicht notwendige Ausgaben. Bei einigen Posten kann ich nicht festlegen, ob es noch notwendig oder schon Luxus ist. Dies ärgert mich, denn es handelt sich eigentlich um so selbstverständlichen Kram wie Essen, Drogerie und Haushaltswaren. Wie weit will und kann ich mich beschränken? Muss es immer nur das allerbilligste und niedrigwertigste sein? Warum kann ich meinen Kindernicht einfach so ein Überraschungsei oder eine Obstschale kaufen?

Und wieder einmal tritt zu Tage, dass alles auf die Formel Zeit oder Geld hinausläuft. Natürlich kann ich viel selbermachen, ewig einen Parkplatz suchen, alle Discounter nach Angeboten abfahren (nein, ablaufen, um Bnzin zu sparen), dann habe ich aber keine Zeit mehr, 30 Stunden arbeiten zu gehen.

Geärgert hat mich: mit meiner Qualifikation und meinem Job die zwei Packungen Lidl – Edelpasta als Luxus bezeichnen zu müssen. Müsen Bücher für 1 € wirklich Luxus für mich sein? Ich empfange doch kein Hartz 4, das muss mein Gehat doch hergeben?

Stolz bin ich: zweimal am reduzierten Modeschmuck-Aufsteller vorbeigekommen zu sein. Ich hatte sogar diverse Sachen in der Hand, habe aber alles wieder zurückgelegt, da ich mir die Frage: „Brauch ich das wirklich?“ eindeutig und unzweifelhaft mit „Nein!“ beantworten musste. Ich bin eine große Meisterin im Selbstbelügen und war diesmal knallehrlich zu mir. (Letztendlich habe ich dann doch einem anderem Schmuckgeschäft nicht wiederstehen können.)

Diese Aufstellung macht mich traurig und wütend. Meine Argumentationen für das Gehaltsgespräch werden schlüssiger.

Es grüßt Neja

Ach, reines Glück genießt doch nie, wer zahlen soll und weiß nicht wie.

Wilhelm Busch

Ich kauf dir eine schöne Schulzeit

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Ich kauf dir eine schöne Schulzeit

Nein Lehrer, LRS ist nicht heilbar! Und nein Schulleiterin, der Knoten wird nicht platzen. Wer gleich platzt, bin ich.
Vorgeschichte: Als ich wegen eines Arztbesuchs meine Kinder vormittags in der Schule abholte, fand ich Sohn 1 völlig aufgelöst und verheult im Flur sitzen. Rot im Gesicht, zappelnd, sich mit den Händen an den Kopf schlagend. Vor sich eine Leistungskontrolle, die er nachschreiben musste; was an sich völlig in Ordnung ist. Aber um ihn herum Kinder, die ständig zur Toilette eilten und vor denen er seine Tränen zu verstecken suchte. Er stand enorm unter Druck, die ihm die ablaufende Zeit, der Inhalt der Arbeit und die anderen Kinder machten. Der verzweifelte kleine Kerl – wie gern hätte ich ihn in die Arme genommen. Aber er musste sich vor mir quälen. Sohn 2 kam mir mit seiner Arbeit in ähnlichen Zustand von irgendwoher entgegen. Die Jungs waren geistig und körperlich total erledigt, es brauchte zwei Stunden großer Mutteraufmunterungskunst, bis ich sie wiedererkannte. Kann man für das Nachschreiben nicht eine andere Örtlichkeit im Schulgebäude finden? Muss man Kinder mit dieser Symptomatik 45 min allein lassen?
Meine Söhne haben leider das komplette Rundumsorgenpaket von ADHS/LRS/Dyskalkulie/AVWS/undkeine Ahnungwasnochkommt mitbekommen. Ich bin wirklich keine dieser Mütter, welche die Sprachstandsentwicklung auf den Monat genau herbeten kann und bei jeder Auffälligkeit sofort Hochbegabung/ADHS/Autismus/Hochsensibilität … schreit. Mir wäre es tausendmal lieber, sie wären stinknormal, mittelmäßig, von mir aus auch faul. Es wären uns literweise Tränen und quälende Gedanken erspart geblieben. Ich habe mich sehr schwer getan, jedes Jahr eine neue Diagnose zu akzeptieren, welche die Aussicht auf eine sorglose Schulzeit nochmals verschlechterte. Ich hätte aber gern noch dreimal so viel Zeit, Geld und Nerven für Ärzte, Therapien, Nachhilfen, Hilfsmittel investiert, wenn die Chance auf Besserung bestünde. Tut sie aber nicht. Meine Söhne haben einen IQ leicht über Normalwert, sind verbal sehr stark und sozial kompetent. Sie lesen, haben eine gute Allgemeinbildung und ein enormes Gedächtnis. Sie können aber nicht schreiben/rechnen/stillsitzen – und nur das zählt im deutschen Regelschulsystem.
Ich setze mich in Lehrerweiterbildungsseminare und versuchte am Wochenende einige Defizite aufzufangen. Ergebnis: viele Tränen, noch mehr Wut und kein Wochenende bei allen Beteiligten. 0,01% Erkenntniszuwachs bei den Betroffenen. Ist es das wert? Nachdem der letzte medizinische, therapeutische, pädagogische, heilpraktische und ich gestehe, esoterische Strohhalm verbraucht war, akzeptierte ich die Tatsachen und versuchte, den Schulalltag der Kinder erträglich zu gestalten. Bei der Recherche fanden sich tolle Sachen wie Förderunterricht, Nachteilsausgleich und Hilfsmittel wie eine Spracherkennungssoftware. Euphorisch wanderte ich zur Schule und bekam zu hören: „Wie, mündliche Abfrage? Dann wollen das ja alle.“ „Vorn soll er sitzen?“ „Geht nicht, er ist zu groß.“ „Einen Computer, der allein mitschreibt?“ „Jetzt hörn Sie aber auf!“ Seitdem wuseln wir uns mit zunehmender Frustration durch ausfallenden Förderunterricht und dem kompletten Desinteresse, mit einigen Ideen und didaktischen Hilfsmittel den Unterricht für die Kinder anzupassen. Schon eine Kopie des Tafelbildes, die man zu Hause in Ruhe abschreibt und dadurch den Stoff für den nächsten Test auch wirklich lernen kann, würde reichen. Das macht aber Arbeit, braucht Engagement und ein bisschen Herzblut – eigentlich Eigenschaften, die mindestens bei Grundschullehrern zu erwarten sind.
Als bewährten Vorschlag zur Problemlösung bat man mir hingegen den Verbleib in der Klassenstufe an. Wie lange sollen die Kinder denn verharren? Nur weil ich dreimal die Großschreibung lerne, muss ich sie nicht kapieren. Der vielbeschworene Knoten wird auch dann nicht platzen, wenn ich 100mal das gleiche Wort übe. LRS-Kindern fällt drei Tage später noch eine neue Schreibweise ein. Und was macht das emotional mit Kindern, wenn sie drei Köpfe größer sind als Klassenkameraden und trotzdem weniger können?
Ein zweite vorgeschlagene Variante war der Unterricht nach dem Rahmenlehrplan der Sonderschulen: normal intelligenten, interessierte Kinder schließen damit nach mindestens 10 Jahren (wenn Vorschlag 1 zutrifft, auch länger) die Schulzeit mit dem Abschluss der 8. Klasse ab. Dass meine Kinder keine Ärzte oder Elektroingenieure werden, ist mir klar. Aber bekommt man als Gärtner oder Autoschrauber mit diesem Abschluss überhaupt eine Chance auf eine Ausbildung? Wo doch jeder Koch am besten Abitur braucht?
Letztendlich stand dann noch die Umschulung in die Förderschule im Raum: Mein kerngesunden, wortgewandten, phantasievollen, naturwissenschaftlich interessierten Jungs in eine Einrichtung mit dem „Förderschwerpunkt Lernen“ oder „emotionaler Förderbedarf“? Bei dieser Aussicht wird sogar das verbotene Homeschooling eine andenkenswerte Variante.
Die Lehrerschaft ist nicht mit der seit Jahren bestehenden Gesetzeslage vertraut, noch in irgendeiner Art und Weise auf die Inklusion vorbereitet. Personal, Wissen über Teilleistungsschwächen und Goodwill fehlen. Motivierte Kinder entwickeln Schulangst und verschenken ihr Potential. Ich erwarte keine Wunder, nur ein bisschen Bewegung im System und den Blick auf den Einzelnen. Meine Kinder sind nicht Variante a, b, oder c.
Letztendlich wird es wohl eine Umschulung auf eine Privatschule werden, welche die Kinder größtenteils in Ruhe lässt und „durchschleift“. Das finde ich elitär und unehrlich, aber wenn das staatliche Schulsystem nicht reagieren kann, muss ich meinen Kindern eben eine Schulzeit ohne Angst kaufen. Das Leben danach ist leider in keinster Weise käuflich, aber vielleicht haben sie so viel Stärke und Strategie entwickeln, dass sie ihren Weg auch ohne das Dehnungs –h machen.

Wer will, ist des Schicksals Freund, wer nicht, sein Knecht.

Cicero

 

Über die Unwichtigkeit von Zahnpastaflecken

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Über die Unwichtigkeit von Zahnpastaflecken

Wie oft wollt ihr eure Familie tauschen? Zweimal im Jahr, dreimal im Monat, täglich?

Bei mir war es gestern wieder soweit. Während ich wehmütig den Weihnachtsschmuck wegräumte, tobte es um mich herum (kindlich), zickte es schnippisch (pubertär) und grummelte es (midlifekriselig). Die erste Kugel zerschellte, die Tür knallte und der Kater kämpfte mit dem Hund, welcher wiederum vor Angst seinen Fressnapf umstieß. Da dachte ich sehr sehr intensiv: am liebsten möchte ich euch alle in die Kisten packen, ganz hoch auf das Regal stellen und erst zum Jahresende wieder hervorholen. Oder ich packe mich ein paar Monate ein und entspanne mich neben Filzschaaf und Nudelengel. Die geben keine Widerworte und verursachen keinen Trubel. Auf den vielen Strohsternen liegt es sich bestimmt gut.

Warum ist es bei uns oft so laut, so chaotisch und so unpädagogisch? Benahmen sich die vielen Gastkinder, die über Silvester da waren, so? Benahmen sich deren Eltern so? Kann ich nicht für vier Wochen in eine Familie tauschen, wo das Essen ohne Nörgeln und der Abend ohne Meckern und Schreien abläuft? Gibt es Grundschulkinder, die nicht jedesmal, wirklich jedesmal das Waschbecken voller Zahnpasta hinterlassen? Wo der Kater immer das Katzenklo trifft und der Gatte am Abend nicht eine Stunde braucht, um sich wieder an die Familie zu gewöhnen? Aber diese Superkinder würden aus Streberhaftigkeit bestimmt keine Erdbeereisregenbilder in ihre Schulhefte malen, welche die Lehrer bemeckern, ich aber zauberhaft finde. Diese Kinder würden mir keine krummen „maschasche“- Gutscheine anfertigen und auch einlösen. Das Teenikind wäre zwar nicht widerborstig, würde sich aber auch nicht trauen, mit mir seine geheimsten Gedanken und erstaunlich tiefe philosophischen Fragen zu besprechen. Der Superduperehemann würde sich zwar jederzeit pädagogisch wertvoll mit den Kindern beschäftigen, hätte aber Schiss, verrückte und manchmal leicht gesetzeswidrige Abenteueraktionen durchzuziehen, an die sich die Kinder ganz sich ihr Leben lang erinnern werden.

Am nächsten Morgen sah ich die Entschuldigungsbriefchen, in denen mehr Buchstaben falsch als richtig waren, den Frühstückstisch mit Servietten und Rührei und den plötzlich aufgetauchten Tulpenstrauß. Sogar die Viecher fraßen einmütig aus einer Schüssel.

Ich atmete tief durch und beschloss: „Na gut, über den Sommer behalt ich euch doch. Her mit der Handbürste!“

Neja

Die meisten Menschen sind so glücklich, wie sie es sich selbst vorgenommen haben.

Abraham Lincoln

Staunen, Schmerz und Stolz

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Staunen, Schmerz und Stolz

Meine Kinder werden zu schnell groß. Diese unabänderliche Elternerfahrung machte ich über die Feiertage mehrmals intensiv. Hat sich die Tochter vor zwei Jahren noch über ein Riesenkuscheltier gefreut, lagen in diesem Jahr Nagellack und eine Kamera unterm Baum. War bei der Silvesterparty im letzten Jahr das Bleigießen das beste Event, wurde dieses Jahr gemosert, dass „keine Jungs“ da wären. Ich beobachte diese Entwicklung mit Staunen, Schmerz und Stolz. Täglich und in genau dieser Reihenfolge. Jetzt geht wohl die Reise los, welche Uta hier so wunderbar an ihrem Sohn beschrieben hat. Egoistischerweise möchte ich diese Reise solange wie möglich begleiten.

Um nicht ganz in Wehmut zu versinken, verwandeln wir jetzt Trübsinn in Nostalgie. Ich präsentiere die Top Ten der besten Warum-Fragen dieses Baldnichtmehr-Kindes:

1.Lachen die Menschen in anderen Ländern anders?

2. Wenn man mit der Rakete in den Himmel fliegt, kann man dann die Sterne abmachen?

3. Mama, als du ein Kind warst, haben da die Dinosaurier noch gelebt?

4. Wächst man auch beim Laufen?

5. Wann hat der Urlaub Ferien?

6. Warum hat eine Stecknadel eine Spitze?

7. Was ist hässlich?

8. Was ist glücklich?

9. Wann sterbe ich? Wie sieht man aus, wenn man gesterbt ist?

10.Müssen wir in Griechenland wirklich alle nackig rumlaufen?

Mit melancholischen Grüßen

Neja

*zum Foto: Vor gar nicht langer Zeit wurden statt Fingernägel noch Schnecken bemalt.

Wir haben, wo wir uns lieben, ja nur dies: einander lassen; denn dass wir uns halten, das fällt uns leicht und ist nicht erst zu erlernen.

R.M. Rilke