Archiv der Kategorie: Kram

Das große Feuer- Vom Loslassen

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Das große Feuer- Vom Loslassen

Ich habe seit einigen Monaten so ein Gefühl mein Leben ordnen und meine Vergangenheit sortieren zu müssen. Dabei bin ich noch lange nicht 50. Liegt es daran, dass seit einem Jahr alles so ziemlich in geordneten Bahnen verläuft und wahrscheinlich auch so bleiben wird? Weil Ruhe einkehrt und ich keine Existenzangst mehr habe? Nach der Pawlowschen Bedürfnispyramide bin ich in kurzer Zeit ein paar Stufen nach oben geklettert. Wieso denke ich schon dran, Zeug für meine „Enkel“ zu sichern – meine Kinder sind 14! Ist das diese Midlifecrisis?

Da ich manische Sammlerin von Erinnerungen bin, finden sich im Keller dutzende Kisten mit Kram. Der Kram besteht hauptsächlich aus Karten, Papieren, Kalender, Briefen, Eintrittskarten und kleinem Schnickschnack wie Anstecker etc.  Natürlich gibt es auch noch etwas Kleidung oder Spielzeug von mir. Da ich jetzt beginne, Lieblingskleidung und Spielzeug meiner Kinder auszulagern, wird der Platz knapp. Fakt ist, etwas muss was weg – und am besten viel. Es schmerzt mich aber immer, diese Kisten zu öffnen und durchzuschauen. Dabei hatte ich eine wirklich schöne Kindheit/Jugend und auch danach sind mir nicht die ganz schlimmen Sachen passiert. Natürlich hat mich das Leben ab und zu gebeutelt, aber davon befindet sich wenig in den Kisten.

Die Vergangenheit zu bewerten und dann in die Kiste oder in die Tonne wegzuordnen,   ist ein emotionaler Kraftakt für mich. Ich tue mich schwer. Leicht entschieden ist bei Post, deren Absender mir nichts mehr sagt. Einladungen von alten Arbeitgebern, Fotos von Kindern der Großfamilie, die ich nicht kenne – weg.

Aber Independentzeitschriften, die schon eingestellt sind? Kalender, die mein Studentenleben präzise nachzeichnen? Meine liebsten Kinderbücher, die meinen Kindern nichts mehr sagen? Sagen sie mir noch was, außer dass ich mich während des Lesens wohlgefühlt habe, weil ich am Ofen saß und meine Oma grade buk? Warum zieht es im Herzen, wenn es doch so schön war? Erinnern ist schön und schwer. Jedes betrachtete Stück wird emotional gewogen und wandert dann doch oft zurück, um bis zum nächsten Durchlauf zu schlummern.

Da ich aber um die befreiende Wirkung des Loslassens weiß und diese auch suche, wird es im Frühling ein Feuer für das Aussortierte geben. Der Kram hat nur immateriellen Wert und nützt anderen nichts (solche Sachen gebe ich schnell und großzügig weiter). Ich werde eine Tasse zerschmettern, ins Feuer starren und mich an der Gegenwart freuen.

Etwas rührselig grüßt Neja

 

Die Erinnerung ist ein oft geflickter Maschendrahtzaun.“                          Brigitte Fuchs

Bibliotheken

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Bibliotheken

Ich liebe das Lesen. Ich liebe Bücher und eigentlich auch Bibliotheken; ich wollte sogar schon mal Bibliothekarin werden. In Bibliotheken halte ich mich so ehrfürchtig auf wie in Kirchen und liebkose die alten schweren Schwarten. Früher wollte ich mich ernsthaft über Nacht einschließen lassen.

Seit einiger Zeit allerdings ertrage ich diese Horte des Wissen nicht mehr. Ich entwickle körperliche Abwehrsymptome wie Kopfschmerzen, Kreislaufprobleme, Schweissausbrüche, ja sogar Sehstörungen. Gerade heute war ich mit den Kinder in der Bibliothek und bin fast umgekippt. Lag vielleicht auch daran, dass drei Kinder in drei Etagen verschwanden und wir nur 20 Minuten hatten.

Ich habe nachgedacht und glaube, Bibliotheken überfordern und ängstigen mich wegen ihrer Masse an Bücher. Sollte mir als Germanistin eigentlich klar sein, dass Bibliotheken Unmengen von Literatur beherbergen, aber ich habe zu Büchern ein etwas zwanghaftes Verhältnis. Für mich sind Bücher Möglichkeiten – fast Verpflichtungen. Wenn ich in einer Bibliothek bin, eile ich fast manisch die Gänge entlang, den Kopf in Schrägstellung um die Buchrücken zu lesen und unterm dem Arm schon einen Haufen schwerer Werke. In bestimmten Bereichen interessiert mich jedes zweite Buch und die Auswahl fällt mir schwer. Kann ich dieses Buch da lassen? Wenn DORT nun die Weltweisheit verborgen ist? Da hat der Schreiber soviel Seele und Geist investiert und ich lasse es stehen?

Ein wenig – und jetzt wird es richtig verrückt – spielt auch mein fortgeschrittenes Alter eine Rolle. Ich habe den irren Wunsch, in meinem Leben so viele Bücher wie möglich zu lesen. Da ich nicht weiß, wie lange mir bleibt, lege ich jetzt gut vor. Ich fertige lange „Zu lesen- Listen“ an, an denen ich nach Bibliotheksbesuchen verzweifele, da sie sich nicht verringern, sondern verzehnfachen. Ich lese neben der Standardbellestristik auch viele Sachbücher und neuerdings zusätzlich viele Zeitschriften, von denen unsere Bibliothek eine gute Auswahl hat. Aber auch eine noch so spannende GEO hat 50 Seiten, die erstmal gelesen werden wollen. Ich nutze die dreimalige Verlängerungsmöglichkeit IMMER aus, habe IMMER die maximal zulässigen 50 Medien im Haus und muss dann nach einem Vierteljahr trotzdem die Hälfte der Bücher ungelesen zurückgeben (Ich verspreche ihnen dann leise:“Irgendwann hole ich euch wieder.“).

Auch außerhalb der heiligen Hallen zeige ich ein leicht zwanghaftes Verhalten zu allem Gedruckten. Wir haben eine  Tageszeitung im Wochenendabo. Diese drei Tage haben ohne Immobilien und Stellenmarkt bestimmt 50 Seiten – und ich lese alles. Leider selten tagesaktuell – so weiß ich JETZT aber, was vor fünf Wochen in Birma los war. Der Stapel darf unter Androhung häuslicher Gewalt nicht ungelesen entsorgt werden. Ich fühle mich verpflichtet, ihn durchzulesen.

Ich sollte auf jeden Fall noch einmal mein Bibliotheksverständnis überdenken und einen kleinen Entzug wagen. Sehr vernünftig, zu Hause warten ja auch soviel ungelesene Bücher. Und das ungelesene Monatsmagazin seit 2013 – da hast du erstmal zu tun. (Stimme rechts). Bist du wahnsinnig! In der Bibliothek haben sie die neuesten interessantesten Sachen und so tolle Thementische, geh unbedingt wieder hin (Stimme links). Ihr seid, ich habe ein kleines Problem.

Ganz buchstabenverliebt grüßt Neja

Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste.

Heine

 

 

Efeupost

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Heute wird es hier mal natürlich. Vor ein paar Tage habe ich eine Efeusession gemacht und alles geknipst, was sich im Garten befand.

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Efeu an Backstein

Ich liebe Efeu und ich liebe Backstein. Hier eine schöne Kombination.

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Efeu an Birke

Futterpflanze, Giftpflanze, Heilpflanze. Hedera Helix.

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Efeu an Holz

Immergrün und seit dem Tertiär dabei.

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Efeu nah

Einziges Nahrungsmittel der Efeu-Stechbiene.

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Efeu fern

Symbol von Treue, Unsterblichkeit und Freundschaft.

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In manchen Länder ist der Efeuverkauf verboten, da er sich ungehemmt verbreitet.

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ganz nah

Gerade jetzt ist das Grün so sattgrün. Ich bin ganz betüdelt und könnte reinbeißen.

Von der Beständigkeit  des Efeus beeindruckt grüßt

Neja

Heute, wo alles wackelt, wo alle Erde bebt…

Nietzsche

 

Die mysteriösen „man“

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Die mysteriösen „man“

Das macht man nicht! Man macht doch …. ! Was sollen die Leute denken?  Man (beliebiges Verb) das (beliebiges Adjektiv)…

Phrasen wie Peitschen. Kennt ihr das? Schon in meiner Kindheit reagierte ich allergisch auf das Wörtchen „man“ und fragte mich damals pubertär-aufsässig, heute ernsthaft:  Wo steht das, wer sagt das, warum soll ich das machen? Bekomme ich mal einen von den „man“ zu Gesicht? Ist das ein Mann oder eine Frau oder treten die nur als Gruppe auf? Können die reden oder nur ausführen?

Was passiert, wenn „man“(also in dem Fall ich) sich nicht so verhält, wie „man“ es soll? Werde ich sofort vom Blitz getroffen oder riskiere ich den Dorffluch? Schon immer habe ich in dieser Hinsicht gern provoziert – habe dem Besuch nicht die Hand gegeben, obwohl „man“ es so macht, habe keinen Tortenheber, obwohl „man“ einen hat, habe die Kinder nicht auf der örtlichen Schule eingeschult, obwohl „man“ das hier so macht (eigentliche Aussage: wir sind hier nicht in der Großstadt und ihr seid nichts Besseres). Dieses „man“ macht es so einfach, sich zu verstecken, nicht die eigentliche Meinung zu sagen bzw. überhaupt mit dem Denken zu beginnen.

Egal, ob es sich um kleine Alltagsdinge wie den Tortenheber oder wichtige Lebensentscheidungen handelt: wenn die Wörter „man macht…“  fallen, denke ich erstmal an das Gegenteil. Klar nehme ich auch Sachen an: wenn ich mich nach einem Obstbaumschnitt erkundige und der Bauer erklärt mir, dass man lieber soundso …, werde ich nicht das Gegenteil tun.

Was mich stört, ist dieses nicht hinterfragte und enggeistige Überstülpen von Konventionen, Rollen, Abläufen. Ich will nicht Teil der schafartige Masse „man“ ohne Meinung und Ideen sein. Ich bin ich, ich denke, hinterfrage und treffe natürlich auch Fehlentscheidungen. Aber es sind meine Entscheidungen und nicht die einer anonymen Gruppe, die mir ihre Aussagen nicht begründen kann. Die Torte kann ich genauso gut mit einem breiten Messer heben. Abgesehen davon backe ich keine Torte. Das kann damit zu tun haben, dass ich in meiner Kindheit überproportional häufig hörte:“Du musst dich doch dafür interessieren. Als Mutter muss man doch Kuchen und Torte backen können.“ Muss man nicht.

Ich bin in sehr engen Grenzen mutig, aber hier ist es mir wichtig, meinen Kinder zu zeigen, dass es die furchteinflössenden „man“ nicht gibt. Es ist egal was „die Leute“ (das sind die Nachbarn von „man“) sagen – wichtig ist, dass jeder seine eigenen Entscheidungen trifft und bestenfalls damit zufrieden ist.

Ganz emanzipiert grüßt heute

Neja

Konvention heißt Übereinkommen in Worten und Handlungen ohne Übereinkommen des Gefühls.

Nietzsche

 

Ich geh als Coladose

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Ich geh als Coladose

Angesichts der anbrechenden Faschingszeit folgende Anekdote des letzten Jahres:

Aufgrund seines fortgeschrittenden Alters und des damit einhergehenden Coolnessfaktors, beschloss Sohn 1: „Ich geh als Coladose.“. Mein guter Mann, der die Söhne auf Spontanquatsch sozialisiert hatte, zuckte nicht und fertigte am Abend dieses unten zu sehende 1A-Verkleidung. Fußbodenbelag, eine ruhige Hand und Farbdosen waren vonnöten.

Man mag das Produkt, den Hersteller und das Herkunftsland nicht gut finden (mir wurde letzteres noch als „imperialistischer Aggresor“ indoktriniert) -das Kostüm war der Knaller. Der Zylinder mit den zwei Armlöchern ließ die üblichen Klonkrieger und Stormtropper blass ausssehen. Der Sohn bekam den Publikumspreis und vergaß, dass er sich in dem unförmigen Teil nur schwer bewegen, nicht sitzen und an keinen Spielen teilnehmen konnte.

Dieses Jahr wird es wohl ein Minecraftklotz werden (hat jemand Schaumstoff?), die Söhne spielen manisch und reden nur noch in gamersprech:“Ich komme essen, ich habe nur noch drei Hungerkeulen.“ Soll was heißen, dass das Kind ziemlich hungrig ist, denn der optimale Minecraftsättigungsgrad ist ab neun „Hungerkeulen“ (wie die Dinger richtig heißen, wissen auch die Kids nicht) erreicht.

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Helau

Neja

*Im Hause Kaleidoskopp gibt es natürlich äußerst selten Cola.

** Zählt das als DIY-Beitrag? Ich wollte doch nicht…

„Dem Fröhlichen gehört die Welt, die Sonne und das Himmelszelt.“

Theodor Fontane

Papiernazi

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Papiernazi

Ich habe kürzlich 7 kg einseitig bedrucktes Papier weggeworfen. So.

Mmmhhh…. Tiefes Einatmen mit strafendem Augenbrauenhochziehen auf der anderen Seite. Das macht man doch nicht! Du Papiernazi. Die Bäume, das Klima, du bist mit Schuld, wenn die Welt zugrunde geht, blabla…

Lange Jahre sammelte ich alles Bedruckte bis zum Format A5 und stapelte es zu hohen Türmen, in der Hoffnung auf Verbrauch irgendwann durch irgendwen. Sogar bei den letzten Umzügen schleppte ich einen Karton einseitig bedrucktes Papier mit. Man müsste mal die Ökobilanz des gefahrenen Umzugskartons (immerhin 300 km) im Verhältnis zum Otto-Billig Neublock ausrechnen, aber ich wollte alles richtig machen.

Ich habe zwar drei kritzelwütige Kinder, die müssten aber bis zum Rentenalter malen, um die Stapel ansatzweise abzutragen. Sie sind auch in einem Alter, wo sie Bilder verschenken oder Papier verbasteln und da ist es schon peinlich, wenn auf der Rückseite die Mahnung für obskure Abnehmpräparate oder Seminarmaterial über die psychosoziale Entwicklung des Kindes zu sehen sind. Außerdem benutzen wir aus Geiz äh Sparsamkeitsgründen dünnes Papier, was bedeutet, dass die Druckerzeilen durchschimmern. Die Kids haben also kein rein weißes Blatt vor sich, was den Malspaß erheblich schmälert, weil man die grauen Linien in das Bildsujet einbauen muss.

Ich selbst schreibe zwar alle Konzepte, Pläne und Listen auf diesem Papier vor – mehr als 5 Blätter pro Woche verbrauche auch ich nicht. Stattdessen quetsche ich täglich fünf neue Blätter in die Ablagen – Rechnungen, falsche Kopien, Werbung. Es kommt mir vor, wie das Märchen vom süßen Brei – nur dass bei mir Papier- und nicht Breiberge quellen (mit letzterem könnte ich mich ja noch anfreunden).

Im zweiten Emanzitionsschritt habe ich sogar schon gewagt, Bücher in den Papierkorb     (nie in den Ofen) zu werfen. Diese waren total zerfledert, rochen komisch und/oder waren fragwürdigen Inhalts. Gerade bei letztem Punkt ist meine Toleranzschwelle sehr sehr hoch. Weg kommen nur Druckwerke, die eindeutig Auftragsliteratur sind und indoktrinieren sollen. Der Rest wandert in die Kiste mit den langweiligen, unterfordernden oder nicht mehr benötigten Büchern. Diese ist fast voll und wird bald verschenkt. Ich selbst bin sehr kritisch, kann aber nicht über den Unterhaltungswert für andere richten. Vielleicht freut sich doch jemand über „Der Jagdhund“ oder den Sick’schen „Dativ“.

Zurück zum Papier. Dieses liegt jetzt in der blauen Tonne, wird (hoffentlich) receycelt und begegnet mir vielleicht in Form einer Zeitschrift oder eines schönes Notizheftes wieder.

Verschlankt grüßt

Neja

  • Ich weiß natürlich, dass der Begriff „Papiernazi“ eine negative Bedeutung hat und damit die Schreibtischtäter unter Hitler bezeichnet wurden, welche auf dem Papier Befehle erteilten und sich nicht die Hände schmutzig machten. Aber Mensch, ich will nicht immer politisch korrekt sein, hat mir ja beim Papier auch nichts gebracht.

 

Die Basis einer gesunden Ordnung ist ein großer Papierkorb.

Kurt Tucholsky

Abschied oder Smalltalk Tabus

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Abschied oder Smalltalk Tabus

Liebe Freundin,

es ging schnell mit uns. Ich konnte gar nicht fassen, dass ich mit über 40 Jahren noch mal eine enge Freundin finde. Du stolpertest mir über den Weg und innerhalb kürzester Zeit hatten wir unsere Familien verzahnt und uns im nächtelangen Einsatz unser Leben erzählt. Schnell sehr vertraut, schnell sehr persönlich – weil du so unkompliziert und neugierig auf uns warst. Konnte es sein, dass es (neben meinem unerreichten Gemahl) jemanden gab, der meine nicht ganz so einfache Sicht und Einstellung teilte, der meine Sätze ergänzte? Wir lachten, tranken und redeten viel in diesen zwei Sommern und erreichten rasend schnell eine Stufe der Vertrautheit, die in andere Freundschaften in 20 Jahren wächst. Unserem Umfeld war das unheimlich und einige kamen auch mit deiner speziellen Art nicht zurecht. Bei unseren letzten Treffen war auch ich nicht mehr so unbeschwert, da ich deine Neugier zunehmend belastend empfand. Ich hatte das Gefühl, mich für vieles erklären und rechtfertigen zu müssen und die Leichtigkeit in unseren Gesprächen war vorbei.

Und dann kam dieser Sommerabend. Laue Luft und Laternen. Ich war diesmal ganz unvoreingenommen und freute mich riesig auf dich. Wir redeten und tranken und das in loser Folge, schnell und viel. Noch vor Mitternacht stolperten wir über ein klassisches Smalltalk Tabu, obwohl wir über diese Stufe längst hinaus waren, sie eigentlich nie probiert hatten. Politik. Ich sagte was Doofes, du sagtest was Doofes und am Schluss etwas ziemlich Gemeines. Dann nur noch Tränen. Seitdem haben wir uns nicht mehr gesehen. Seitdem habe ich mir fast jeden Tag den Kopf zerbrochen, was da eigentlich passiert ist. Was schwelte da die ganze Zeit, was jetzt zu explosiv zum Ausbruch kam? Du löstest zum Leidwesen aller Kinder die Familienconnections und zeigtest kein Interesse an einer Aussprache. Ich fühlte mich geschockt, wütend, traurig – fand aber keinen Weg, dich in mein Leben zurückzuholen.

Ich danke dir, dass du ein großes Problem für mich geklärt hast. Ich danke dir für Tage am See und Nächte am Feuer. Deine Offenheit hat mich angesteckt und ich übernahm sogar einige deiner Sprachticks.

Ich danke für die Erfahrung. Aber nun ist es genug.

Neja

Einen richtigen Abschied erkennt man daran, daß er nicht mehr weh tut.

Hans Noll

Drahtbügelamok

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Drahtbügelamok

Boah, kennt ihr das? Ihr wollt ein Kleidungsstück aus dem Schrank ziehen und entweder hakt es wie die Hölle und ihr müsst ewig ziehen und zerren und/oder es kommen euch gleich mehrere Teile entgegengeschossen, die natürlich auch ineinander verwurschelt sind. Im schlimmsten Fall pieksen euch die Drahtbügelspitzen ins Gesicht.

Ich hatte den täglichen Nahkampf am Kleiderschrank satt. In einem Wutanfall riss ich alles, was irgendwie glänzte heraus und arbeitete mich daran ab, blutige Ritzer in den Händen inklusive.  Das Ergebnis war ein wirres-irres Knäuel, welches nicht einmal fotografierwürdig ist und die haptisch-motorische Aufarbeitung meines seit Jahren währenden Drahtbügelhasses darstellte.

Woher kommen die Dinger eigentlich? In den Kaufhäusern gibt es Plastikbügel, mit den dünnen Drahtteilen würden die armen Zurücksortiererinnen doch durchdrehen. Ich kann mich nicht erinnern, wie und woher unser Haushalt in den Besitz von ca. 50 Drahtbügeln kommt (jetzt nur noch 20, hähä).

Es gibt zwar nette DIY-Ideen wie diese hier, aber da dieser Blog ist ein gepflegter Anti-DIY-Blog ist und ich außerdem nicht mehr täglich die Objekte meines regelmäßigen Ärgers sehen möchte – ab in die Tonne.

Holzbügel besorgt, Kleiderschrank geordnet, einen kleinen Aufreger aus der Welt geschafft. Es wird.

Leichtmetallbefreit grüßt

Neja

*Reinigung, aha Reinigung (50 mal?)

Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.

Marie von Ebner-Eschenbach

Neuschnee

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Neuschnee

Und immer sind da Spuren,

und immer ist einer dagewesen,

und immer ist einer noch höher geklettert

als du es je gekonnt hast, noch viel höher.

Das darf dich nicht entmutigen.

Klettere, steige, steige.

Aber es gibt keine Spitze.

Und es gibt keinen Neuschnee.

 

Kaspar Hauser

 

Ich wünsche ein friedvolles gesegnetes Neues Jahr.

Neja

Die heilige Mörderpuppe

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Die heilige Mörderpuppe

24. Dezember – Pflichtveranstaltung Krippenspiel. Hatte ich mich schon im vorigen Jahr bis zur Übelkeit geärgert, da ich von der Empore aus einen Teeangerbesucher erblickte, der während der Predigt „Temple Run“ spielte, schleppte mich ich dieses Jahr mit schlimmen Vorahnungen ins heilige Gemäuer. Drei von drei Kinder waren am Schauspiel beteiligt – beste Voraussetzung, in die Kirchgeschichtsschreibung mit „Das Jahr, in dem…“ einzugehen.

Da standen sie nun alle drei vorn – von 300 Augen beäugt, die sich schon etwas Action für ihre Kollekte erwarteten, weil schon im letzten Jahr diese auffälligen Kinder da waren und dann….

Es begann ganz unauffällig, vom gewohnten Popeln und Pokratzen der Söhne abgesehen. Ich wähnte mich schon in Sicherheit, als das (lange!) Abschlußlied der Kinder angestimmt wurde. Um alle Eltern rührselig zu stimmen, wurden das Saallicht gelöscht und den Kindern Knicklichter in die Hände gegeben. Während alle anderen Gören ihre Lichter brav schwenkten, zerbiss Sohn 1 sein Licht und schmierte sich den Inhalt ins Auge. Die fluozierende Flüssigkeit ließ eine Gesichthälfte im Dunkel leuchten, so dass er aussah wie das Phantom der Oper. Abgesehen davon brannte das Zeug wie verrückt und er boxte sich brüllend den Weg von vorn durch die rappelvolle Kirche zu den rettenden Eltern frei. Diese wollten in dem Moment nicht unbedingt seine Eltern sein. Sohn 2 brüllte und boxte aus Solidarität mit.  Die folgenden 10 min sind meiner überlebensnotwendigen Kinderamnesie zum Opfer gefallen.

Als wir zum Ende der Veranstaltung unsere Tochter holten, berichtete diese vom tollen, so gar nicht langweiligen Krippenspiel in diesem Jahr. Die Aktion ihrer Brüder konnte sie nicht meinen – dazu war sie zu abgehärtet. Als ich nach dem Grund fragte, antwortete sie stolz: „Ich hab die ganze Zeit unter dem Altar mit Joseph und dem Babyjesus „Chucky die Mörderpuppe“ gespielt.“

Immer noch rot

Neja

* Pädagogischer Hinweis: Die Tochter kennt weder die Figur, geschweige denn den Film von Chucky. Das muss der Einfluss dieses Joseph sein. Tzz..

Die Lebensspanne ist dieselbe, ob man sie lachend oder weinend verbringt.

Aus Japan