
Hmm, was ist mir denn da ein die Hände gefallen? Ein kleines, dünnes graues Büchlein, welches sich wahrscheinlich jahrelang neben den dicken Schinken versteckt hatte. Woher ich es habe, weiß ich nicht mehr; dass ich mir bei diversen Umsortieraktionen immer mal wieder in die Hände fiel und mich neugierig machte, weil ich mit Autor und Titel absolut nichts anfangen konnte, weiß ich schon noch. Gestern Abend habe ich dann in zwei Stunden dieses verlockend dünne und unscheinbare Büchlein „ausgelesen“. Heute die Recherche: Cronin war schottischer Arzt und schrieb nebenbei 25 Romane, die sich mit seinem Milieu und vor allem seiner Beobachtung von sozialen Ungerechtigkeit beschäftigten. „Die Schicksalsnacht“ entstand 1940 und wurde noch im selbem Jahr verfilmt (Respekt).
Wenn das Buch nicht in dieser seriösen Aufmachung dahergekommen wäre, könnte man es gut als Groschenroman lesen. Die Figuren sind sowas von kategorisiert und schwarz-weiß gezeichnet, das man als Leser fast beleidigt sein müsste. Es geht um die Krankenschwester Anne (durchgängig gut, klug, schön) und ihre Schwester Lucy (naiv und selbstsüchtig, am Schluss gut- nützt ihr aber nichts- sie stirbt), um den Oberarzt Prescott (durchgängig gut, klug, schön) und noch ein paar Nebengestalten mit Charakterstagnation. Natürlich bekommen sich die beiden guten und schönen Menschen, nachdem alle Personen eine Katharsis durchlaufen haben und eine schwierige Hirn-OP ( entgegen aller Voraussagen und Hindernisse erfolgreich) durchgeführt wurde.
Trotzdem hat das Büchlein seinen Reiz. Eine gute Geschichtsidee, spannend erzählt und dann doch nichts so einseitig, wie es vielleicht meine obige Beschreibung vermuten lässt. Der sozialkritische Aspekt besteht hier in der Beschreibung der wirklich schlechten Arbeits-und Lebensbedingungen der Krankenschwestern und ihrer ersten gewerkschaftlichen Organisation. Das Buch hat mich nicht gelangweilt, wie es bei vielen der heutigen Werke mit ihrer Selbstbespiegelung und ironischen Ironie der Fall ist. Trotzdem verlässt es mich in die Kiste (den Container muss man fast schon sagen) der weiterzugebenen Bücher.
… der große Reichtum erlaubte ihr, dauernd krank zu sein. Sie liebte ihren Mann immer noch, lag aber die meiste Zeit zu Bett und litt an nervösen Zusammenbrüchen, die sie mit den harten Kämpfen ihrer ersten, sehr arbeitsreichen Ehejahre begründete.
Schon das nächste Buch bereitlegend grüßt
Neja