
Schlüpfer. Es geht um Schlüpfer.
Ich weiß gar nicht, wie dieses Buch zu mir gekommen ist, wahrscheinlich Grabbelkiste oder Biblioteksgratisabgabe. So könnte ich mir erklären, warum das Druckwerk nach Kotze riecht.
Das tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch. Ein kurzweiliger Krimi über eine Ostradiomoderatorin, welche mit einem Schlüpfer erwürgt wurde. Die Dama wurde als IM Maja geoutet, was auf frühe Schandtaten und späte Rache deutet. Ihr Kollege Meyer, im Zweitjob Privatdedektiv, bringt mit Hilfe seines hessischen Buddys, einem Lousiannatrip und viel Alkohol Licht nach „Dunkeldeutschland. Aber keine Sorge, weder Ostdissing noch tiefe politische Abhandlungen sind in dem Band zu finden, dafür Unmengen von musikalischen Zitaten und Anspielungen. Maelck übertrifft Hornbys „High Fidelity“ um Längen, wobei die Musikrichtung eine ganz andere ist. Manchmal wird es zuviel, wenn jeder Dialog zwischen Meyer und seinem Kumpel Heuser aus geheimen Expertensongzeilen besteht. Das ganze im Sprachstil von supercoolen, wortkargen hardboiled dedective Vorbildern (bewusst oder nicht gut kopiert, erschloss sich mir nicht). Ansonsten ist nichts hard oder gewalttätig in diesem Buch, der Protagonist heult beim Plattenauflegen und gemordet wird mit Schlüpfern.
Die Namen der Figuren sind für mich als ehemalige Onomastin (ja, googelt ruhig) ein Fest. Hank Meyer (und wie er selber richtig sagt, der Name ist noch besser als Dschingis Lehmann), Gerda Lattke, Gisela Manfraß, Fallbeil und Bösendorfer. Auf die Dauer nerven die obercoolen, zynischen Dialogen, die Meyer mit allen Gesprächspartner führt, aber die Kurve zum Happy-End, bei dem alle froh sind, den Täter nicht gestellt zu haben, ist gelungen. Das Buch liest sich flüssig weg, oft musste ich grinsen bis gickern – der richtige Kandidat für meine 10 min Bettlektüre.
Es gibt einen zweiten Fall von Hank Meyer („Tödliche Zugabe“) – wenn ich den ohne Geruchsspuren kriege, lese ich ihn auch.
Am Nebentisch saß eine Runde Kunstpatienten, bei denen Wiglaf Droste Essayismus im Endstadium diagnostiziert hätte.
aus „Ost Highway“
Erheitert grüßt
Neja